Schon lange schwirrte die Idee des Biancogrates, dem alpinen Klassiker schlechthin, in unseren Köpfen. Vor zwei Wochen hatten wir eine spannende Vorbereitungstour auf den kleinen Piz Buin gemacht. Wir schienen gerüstet für den Biancograt zu sein.

Der Wettergott meinte es gut mit uns, zumindest für den ersten beiden unserer Tourentage und wir konnten am Donnerstag, 30. Juli  nach Pontresina reisen. Diesmal an Board von Gomr ge luaga: Sali, Rigo, Fliesa und Björn.

Erst folgte eine „romantische“ Kutschenfahrt ins Val Roseg. Das war’s dann auch schon an Romantik auf dieser Tour. Ein gemütliche Wanderung führte uns über gut 2 Stunden zur Tschierva-Hütte mit bester Bewirtung. Liegestühle, tolles Wetter, gutes Essen und besten Blick auf die morgige Tour und den ggewaltigen Gletscher bescherten uns einen gemütlichen Donnerstag Nachmittag und abendlichen Ausklang.

Um 3 Uhr früh sassen wir bereits am Frühstückstisch. Der Wetterbericht hatte nur für Freitag und Samstag Vormittag ein gutes Wetterfenster gebracht. Die Hütte war vermutlich deshalb nicht ausgebucht und entsprechend ruhig ging es von statten. Als letzte Gruppe starteten wir um 4 Uhr. Unser Plan, als letzte Gruppe ohne Hektik und Stress zu starten, schien aufgegangen zu sein.

Über einen mit Katzenaugen sehr gut markieren Weg ging es zügig aufwärts Richtung Fuor­cla Priev­lusa. Kurz vor der Fuorcla, bei Beginn des steilen Eisfelds war es an der Zeit, die Steigeisen zu montieren. Die Aufstiegsspur war steil, aber sehr gut ausgetreten. An der Fuorcla angekommen, ging es mit dem ersten knackigen Kletterteil los. Der vorabendliche kurze Regenschauer und die nächtlichen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt hatten eine Mischung aus Schnee- und Eis am Fels abgelegt. Sonnenseitig zeigt die Sonne schnell ihre Wirkung und wärmte und enteiste den Grat schnell. Aufgeteilt in zwei Seilschaften folgten wir der letzten vor uns liegenden Seilschaft. Im späteren Verlauf hatten wir uns dann in eine 4er-Seilschaft verwandelt, was uns einiges ein Zeit kostete. Der Ausblick beginnend von der Fuorcla war einfach nur atemberaubend.

Kurz vor der legendären „Magic Line“ oder auch Himmelsleiter genannt, hatten wir noch eine ca. 40 Meter lange und ca. 55 Grad steile Blankeisstelle zu bewaltigen. Endlich waren wir dort angelangt von dem ich schon lange träumte. Der markanteste Schneegrat der Alpen. Wiederum in zwei 2er-Seilschaften reduziert stiegen wir den Grat empor. Anstrengend, aber jeden Schritt wert, erreichten wir dann die Spitze des Grates: Piz Bianco – 3.995 m

Nach einer kurzen Rast und einem genussvollen Rundumblick ging es weiter über den ausgesetzten Grat zum Piz Bernina. Wieder als 4er-Seilschaft konnten wir die geführten Gruppen vor uns und vor allem dessen Routenführung beobachten. Aufsteigender Nebel und Wolken liessen uns etwas am Wetter zweifeln. Anderseits aber auch den grossen Vorteil, dass nicht immer die Sicht in Tiefe (schätzungsweise 1.200 Meter bis zum Gletscher) klar war. Viel Zeit verlierend und aufgrund der manchmal sehr unangenehmn auf und ab Kraxlerei erreichten wir dann endlich den Piz Bernina. Es war geschafft – unser erster 4.000er. Weit und breit keine Gruppen mehr und wir hatten den Berg für uns alleine. Nach einem Gipfelschnäpsle war es Zeit für den Abstieg. Via Spallagrat ging es abwärts bis wir dann über den Gletscher die Marco e Rosa Hütte auf 3.610 erreichten.

Müde und voller Eindrücke ging es schon um halb 10 ins Lager. Am nächsten Morgen dann die Überraschung, entgegen dem Wetterbericht bereits um 7 Uhr früh Schneefall, Nebel und Wind. Wir hatten bereits einen Abstieg ins Tal abgeschrieben. Keine GPS dabei, keine Ortskenntnisse, zu viele Spalten – genug gute Gründe um auf der Hütte zu bleiben. Zwei nette Bündner Bergsteiger, ausgestattet mit GPS und Kompass, waren dann die Retter in der Not. Diesen konnten wir uns bis zum Fortezza-Grat anhängen, von dort die Wegfindung wieder „einigermassen“ machbar war. Stark Wind und Regen machte das Abseilen am Fortezza-Grat zu einem kühlen Unterfangen. An der Diavolezza-Bergstation angekommen, durften wir uns schnell wieder an den Luxus der Zivilisation gewöhnen und wurden freundlich von einer Gruppe Japaner bewaffnet mit Nikkon-Kameras empfangen.

Abschliessend, eine für unser Können herausfordernde, eindrückliche und abenteuerliche Tour. Unser Motto „Gomr ge luaga“ hatte sich wieder bestens bewährt.

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